Ob allein, zu zweit oder zu dritt, Monolog über dem Bier oder Gemeinschaftstrinken, mit außerordentlichem Körpereinsatz oder ohne: zwei Schauspielerinnen, ein Schauspieler, ein Regisseur, eine Choreografin und at first ein Stück von Felicia Zeller ergründen Formen von Kommunikation, welche hartnäckig wiederkehrende Bedürfnisse nach Klarheit artikulieren, dabei jedoch trink-syntaktisch aus dem Ruder laufen. Jenseits fester Standpunkte fördern sie Sätze zu Tage, die selten vollständig sind, erdulden Wiederholungen, die konsequent den gesuchten Sinn verfehlen, erleben momenthafte poetische Höhenflüge und jähe Abstürze in die Untiefen der Muttersprache, gewalttätig und zart, ordinär und schön. Trotz wiederkehrender Versuche neuer Lösungsansätze zur Rettung der Menschheit, die wie selbstverständlich über die Lippen gleiten, zeugen stark verkürzte Verständniscodes, bei erhöhtem Alkoholpegel auch Missverständniscodes, von einer fundamental gewordenen Disharmonie, einem Innendruck, für den es nur ein Ventil gibt: Theater!
Halle Spektrum / 21. 12. 2016 / Jörg Wunderlich
“Bier für Frauen” besteht aus ursprünglich 120 fragmentarischen Trialogen und jeder Menge absurder Regieanweisungen. Eine Einladung also für experimentierfreudige Studiobühnen, die allerdings gespickt ist mit Risiken für die Inszenierung. Die Schaustelle Halle nahm die Herausforderung an und brachte unter der Regie von Silvio Beck das Erstlingswerk der mittlerweile gefeierten Autorin Felicia Zeller auf die Bühne. Schon die Besetzung mit dem Diven-Dreieck Conny Wolter, Astrid Kohlhoff und dem Leipziger Stefan Ebeling erwies sich als Glücksfall. Letzterer bringt als alternde Drag-Queen im Mittelpunkt des Geschehens eine Portion genialischen Pfeffers in die Inszenierung. Das minimalistische Bühnenbild besteht aus einem quadratischen Podest in Boxringgröße – einem geeigneten Austragungsort also für all die Verbalattacken, Ich-Befragungen, Zeitgeist-Monologe, Slapstick-Faustkämpfe und melodramatischen Verwandlungen. Last but not least sorgt es auch für überraschenden Show-Glamour mit Tanz und Gesang. Dafür, dass aus einem reinen Sprechstück so zeitweise fast ein kleines „Post“-Musical wurde, sorgt neben den Arrangements von Stefan Ebeling auch die Choreografie von Ellen Brix. Überhaupt passt die vierbuchstabige Standard-Diskurssilbe auf fast alles an diesem Abend: Post-Dramatik, Post-Offtheater, Post-Queer und natürlich auch Post-Post. So gelungen und rund kann sich also Dekonstruktion anfühlen.
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Team
Schauspiel: Astrid Kohlhoff, Conny Wolter, Stefan Ebeling / Regie: Silvio Beck / Choreografie: Ellen Brix / Musikalische Leitung: Stefan Ebeling
Spielorte
Theatrale Halle / Objekt 5 / naTo Leipzig
Förderer und Unterstützer
Wir danken unseren Förderern: Land Sachsen-Anhalt, Lotto Sachsen-Anhalt